Gelenkte Interaktion
Zunehmend werden Schulhunde im Unterricht gezielter eingesetzt. Durch gelenkte Interaktionen unterstützen sie auf vielfältige Weise pädagogische Prozesse. Dabei wird deutlich, dass das zeitweise gezielte Arbeiten den Hunden Freude bereitet und Abwechslung in ihren mittlerweile auch schon gewohnten Tagesablauf bringt.
Inhaltsverzeichnis
Wahrnehmung
Bei der Körperwahrnehmung der Schüler unterstützt der Hund die Arbeit des Lehrers sehr effektiv, da das Tier natürlich einen hohen Aufforderungscharakter hat und es Spaß macht die Unterschiede zwischen Schüler und Hund herauszuarbeiten.Die gezielte Beobachtung des Hundes trainiert auch die visuelle Wahrnehmung der Schüler. Kleine Beschwichtigungssignale beim Hund zu erkennen hilft dem Schüler auf Dauer dabei, auch Aspekte der Körpersprache und Mimik der Mitmenschen schneller zu erkennen. Dadurch kommt es zu einer besseren Einschätzung und Konflikte werden vermieden.
Bei jüngeren Schülern kann die auditive Wahrnehmung z. B. geschult werden, indem sie versuchen mit geschlossenen Augen den Standort des Hundes in der Klasse zu lokalisieren. Die einfache Stufe wird dabei durch das Klimpern der Hundemarken hervorgerufen. Ein erhöhter Schwierigkeitsgrad entsteht ohne Halsband durch das Kratzen der Krallen auf dem Boden.
Für die Taktile Wahrnehmung bietet der Hund durch gelenkte Interaktion eine Vielzahl an Übungen auch im Klassenverband. Mit verbundenen Augen können Körperteile, Spielzeuge, Halsbänder etc. des Hundes erfühlt werden. Die unterschiedliche Fellbeschaffenheit kann erforscht werden.
Besonders bei Schülern, die den direkten Körperkontakt mit Mitmenschen scheuen, besteht häufig kein Problem beim Anfassen des Hundes und so kann dieser als Brücke zum Körperkontakt mit dem Menschen benutzt werden. Die Propriozeptive Wahrnehmung (Kraftdosierung) kann ebenfalls über das Anfassen und Streicheln des Hundes sehr gut trainiert werden. Auch die Vestibuläre Wahrnehmung (Gleichgewicht) wird über das Medium Hund und Spiele mit ihm mit hoher Motivation immer wieder neu aufgearbeitet. Selbst bei der Olfaktorische Wahrnehmung kann er massive Hilfestellung geben, da die Nase das ausgeprägteste Sinnesorgan des Hundes ist und vielfältige Spiele mit den Schülern hier möglich sind.
Die Koordination von Grundfähigkeiten ist durch Koppelung einfacher Handzeichen und Befehle für den Hund sehr schön und mit einer äußerst hohen Motivation zu üben. Wahrnehmungsbeeinträchtigen Kindern gelingt es nicht selbstverständlich ein einfaches Zeichen mit einem kleinen Befehl zu koppeln.
Emotionalität und Sozialverhalten
Einige Schüler, besonders ausländische Mädchen, haben zu Beginn große Angst vor dem Hund. Trotzdem sind sie besonders von ihm fasziniert und immer wieder bestrebt in seine Nähe zu gelangen, obwohl die räumlichen Voraussetzungen z. B. auf dem Schulhof eine große Distanz zulassen. Über viele Monate kann es gelingen durch die freundliche Ausstrahlung der Hunde, ihre Sanftheit und ihren Gehorsam Körperkontakt zwischen den Schülerinnen und dem Hund herzustellen. Sie sind danach oft sehr stolz auf sich, wenn sie den Hund im Vorbeigehen streicheln. Der Hund hilft, dass sie mehr Selbstsicherheit und Stabilität entwickeln.
Manchmal werden in der Brabeckschule auch Schüler der Unterstufe (Klasse 1-4) zu uns „strafversetzt“, da sie den Unterricht so massiv stören, dass sie untragbar sind. Durch den Hund sind sie sehr gut zum Arbeiten zu motivieren - die Aggressionen sind verschwunden und sie können sich lange und intensiv um den Hund bemühen und ihn streicheln. Bei kleinen Schülern ist Sandy auch sehr entspannt und selbst unberechenbare Kinder sind bisher nur liebevoll mit ihr umgegangen. Die Selbstkontrolle und Frustrationstoleranz wird also durch den Hund deutlich erhöht.
Besonders jüngere Schüler sprechen häufig frei mit dem Hund. Der Lehrer kann ihn also bewusst zu bestimmten Schülern dirigieren, wenn er das Gefühl hat, dass dies Schülern helfen würde ihre Stimmung zu verbessern und so Konflikte vermieden werden.
Der Hund reagiert durch seine Körpersprache klar auf den direkten Umgang mit dem Schüler. Durch eine genaue Beobachtung des Hundes und Handlungswiederholungen bietet sich ein Übungsfeld für den Schüler, das mit Mitschülern so nicht stattfinden kann. Über den Hund lernen die Schüler ihre Sprache und Körpersprache klarer und bewusster einzusetzen und ihr Kontaktverhalten zu schulen.
Auch als „Eisbrecher“ kommen Schulhunde häufiger zum Einsatz. Die Kontaktaufnahme zu fremden Schülern läuft über den Hund sehr viel schneller und positiver.
Lern und Arbeitsverhalten
Fällt ein Schüler durch Probleme im Lern- und Arbeitsverhalten auf, so kann der Hund gezielt durch Handzeichen zu diesem hingeführt werden. Die direkte Anwesenheit des Hundes bzw. die in der Regel automatisch auftretenden Streichelreflexe des Schülers entspannen allgemein schnell die Situation. Der Schüler entspannt sich und seine Lern- und Anstrengungsbereitschaft erhöht sich wieder.
Über das Streicheln des Hundes werden nachweislich Stress, Trauer, Aggressionen oder Depressionen bei den Schülern abgebaut. Sie werden von ihren eigenen Problemen abgelenkt, entspannen sich und können so besser lernen. Deshalb wird die Körperarbeit mit dem Hund gezielt eingesetzt. Dabei wird dem Schüler mitgeteilt, dass ihre Hilfe benötigt wird um beim Hund Stress zu reduzieren. Es werden also zwei Ziele gleichzeitig verfolgt.(siehe auch www.paeddog.de > Therapiebegleithund > Entspannung)
Die Hunde werden auch gezielt eingesetzt um Schüler zu aktivieren und sie zu selbständigem Handeln anzuleiten. Sie übernehmen z. B. eigenverantwortlich die Fellpflege und Wasserversorgung des Hundes. ( siehe auch www. paeddog.de > Therapiebegleithund > Verantwortung)
Der Punkt Sorgfalt und Ordnung muss natürlich in einer Schule immer wieder zum Thema gemacht werden. Phasenweise wird der Müll im Gebäude oder auf dem Schulhof zum Problem. Wird der Hund geschickt gelenkt, so bedarf es nur weniger Worte und es finden sich recht schnell viele Hände, die ihn vor Verletzungen bewahren wollen.
Der Hund kann die Aufmerksamkeit der Schüler auf vielfältige Weise fördern. Unbemerkt trainieren sie sie durch das regelmäßige Beobachten des Tieres. Vielfältige konkrete Beobachtungsaufgaben und gelenkte Aktionen des Hundes können automatisch in das Unterrichtsgeschehen eingebaut werden.
Motorik
Der Schulhund kann auch sehr gut zur Förderung der Motorik eingesetzt werden. Im Bereich der Grobmotorik können vielfältige Bewegungs- und Wurfspiele mit dem Hund geübt werden. (siehe auch www.paeddog > Therapiebegleithund > Motivation)Im Bereich der Feinmotorik hilft der Hund z. B. dadurch, dass er angeleint werden muss, sein Schwanz vorsichtig gekämmt werden muss oder Futterdosen geöffnet werden müssen.
Auch bei der Handlungsplanung u. -steuerung gibt es vielfältige Möglichkeiten, den Hund zu beschäftigen, damit es ihm in der Klasse nicht langweilig wird! Schüler können hier sehr individuelle Möglichkeiten entwickeln und Erfolge werden durch den Hund deutlich sichtbar.
Kognition
Über den Hund und gelenkte Interaktionen kann mit hoher Motivation immer wieder aufs Neue das Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis trainiert werden. Dabei kann es um einfache Befehle für den Hund gehen, Begriffe für Spielgegenstände oder Leckerlis, Körperteile, Verben, Adjektive etc.Die Schüler müssen Problemlösungsstrategien entwickeln wenn der Hund etwas nicht macht, falsch macht oder Beschwichtigungssignale zeigt. Handlungsplanung ist bei der Versorgung und kleinen Übungen mit dem Hund immer wieder gefragt.
Deutsch
Im Bereich Deutsch spielt natürlich die Kommunikationsfähigkeit eine große Rolle. Die Gesprächsbereitschaft ist sowohl über den Hund als auch mit dem Hund stark erhöht, ohne dass zusätzliche Impulse nötig sind. ( siehe auch www.paeddog.de > Therapiebegleithund > Kinderstimmen) Tagtäglich gibt es in den Augen der Schüler scheinbar viel mehr über den Hund zu berichten als über einen Mitschüler. Durch gelenkte Aktionen kann er etwas ausführen, worüber die Schüler mündlich oder schriftlich berichten sollen. Diesen Vorgang kann der Hund einige Male wiederholen um den Bericht zu überprüfen, was sich bei einem Schüler in der Regel als sehr schwierig erweist.
In diesem Zusammenhang wird dann auch das Anweisungsverständnis des Schülers gefördert werden, indem er die gelenkte Aktion selbst übernimmt.
Schreiben und Lesen zum Thema Hund bereitet durch die reale Notwendigkeit natürlich viel mehr Spaß. Ob es darum geht welche Körpersprache der Hund spricht, was er gern frisst, welche Gegenstände zur Pflege nötig sind oder vieles mehr. Das Sammeln von Informationen kann hier durch die sehr hohe Motivation sehr gezielt trainiert werden.
Sachkunde
Wird an der Schule im Biologieunterricht der Hund durchgenommen, kommt der Schulhund natürlich auch immer wieder in anderen Klassen zum Einsatz. Hier zeigt sich deutlich die Notwendigkeit der gelenkten Interaktion, denn es soll natürlich in relativ kurzer Zeit einiges demonstriert werden.Häufig genießt der Hund die Abwechslung im Schulalltag und die gelenkte Interaktion bereitet selten Probleme.
Die Körperteile werden an ihm gezielt erörtert und es soll natürlich die Körpersprache des Hundes demonstriert werden. Ein gezieltes Training im Umgang mit dem Hund fördert das Verständnis und verringert Beißattacken. (siehe auch www.paeddog.de > Therapiebegleithund > Hunderegeln)
Häufig werden Schulhunde auch in Arbeitsgemeinschaft zum Thema Hund eingesetzt, an der besonders interessierte Schüler teilnehmen. Hier wird versucht, den Schülern die Körpersprache des Hundes ausführlich zu erläutern. Sie lernen wie sie dem Hund in kleinen Schritten und durch Belohnungen etwas beibringen können. Durch die praktischen Übungen mit ihm sind die Schüler immer wieder schnell zu motivieren und sind stolz auf sich, wenn der Hund auch ihren umfangreicheren Anweisungen folgt, da sie gelernt haben klare und deutliche Signale zu setzen.
Mathematik
Selbst im Förderbereich Mathematik kann der Hund zeitweise gezielt eingesetzt werden. Ob es um die Anzahl seiner Ohren oder Beine geht, die gezeigt werden müssen oder die Anzahl der Lekkerlis, die er nur fressen darf. Er soll um eine bestimmte Anzahl von Stühlen oder Fahnen gehen, oder zu einer Anzahl von Kindern.
In höheren Klassen wird es sehr interessant die Kosten für einen Hund auszurechnen oder die Schnelligkeit zu stoppen. Es gibt hier eine Vielzahl an Möglichkeiten ihn gezielt einzubinden und so die Motivation der Schüler zu erhöhen.