Einsatz von Schulhunden in Deutschland
siehe auch Angaben zu Schulhunden
Inhaltsverzeichnis
Schulhunde im Schulamtsbezirk Friedrichshafen und Ravensburg (Baden-Württemberg)
Im Dezember 2008 konnten fast 200 Grund-, Haupt-, Real- und Förderschulen der beiden Schulamtsbezirke Friedrichshafen und Ravensburg (Baden-Württemberg) online durch Inge Strunz (Pä-Ti) befragt werden, ob an ihrer Schule ein Schul- bzw. Klassenhund im Einsatz ist.
Es haben insgesamt 82 Schulen geantwortet. 16 von ihnen gaben an, dass sie einen 4-Beiner im Kollegium haben.
Einige dieser Schulen haben sogar mehrere Hunde im Einsatz. Es handelt sich dabei stets um ausgebildete Therapiehunde in speziellen Einrichtungen (z.B. Schule für Blinde und Sehbehinderte; Körperbehindertenzentrum). Ansonsten zählen zu den befragten Schulen 'mit Hund' überwiegend Förder- und Grundschulen. Kennzeichnend für sie ist die eher 'schwierige' Schülerschaft; so gelten beispielsweise etliche dieser Schulen als sog. Brennpunktschulen.
- 11 der in die Befragung einbezogenen Schulen gaben an, dass sie „beste bzw. sehr gute Erfahrungen“ mit einem Schulhund gemacht haben. Die Wirkung auf SchülerInnen und Lehrerkräfte wird als „äußerst positiv“ beschrieben.
- 4 Schulen haben „großes Interesse“ und „tragen sich mit dem Gedanken einen Schul-/ Klassenhund anzuschaffen“.
- 3 Schulen antworteten, dass sie „leider noch keinen“ Hund haben.
Der Einsatz von Schulhunden in Deutschland
Vortrag von Julia Volk auf dem Kongress Mensch und Tier in Berlin im Mai 2007 (www.mensch-tier-kongress-2007)
An der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg wird in der dortigen Forschungsgruppe „Tiere in der Pädagogik“ unter der Leitung von Frau Dr. Andrea Beetz mittels einer Telefonbefragung die Verbreitung von Schulhunden in Deutschland untersucht. Von besonderer Bedeutung war dabei zunächst einmal, in welchen Bundesländern Schulhunde eingesetzt werden, welche Hunderassen von den Lehrern bevorzugt werden, an welchen Schularten Schulhunde eingesetzt werden, ob eine Genehmigung des Schulamtes vorliegt, wie die Hunde versichert sind, seit wann die Schule Schulhunde im Unterricht einsetzt, welche Ausbildung die Schulhunde haben, wie oft die Hunde anwesend sind und in welchen Klassenstufen sie eingesetzt werden.
Insgesamt haben sich 3 Lehrer und 24 Lehrerinnen mit zusammen 34 Hunden an der Befragung beteiligt.
Dabei zeigt sich eine deutliche Zentrierung des Einsatzes von Schulhunden in der westlichen Hälfte Deutschlands. Neun Lehrer kommen aus Baden-Württemberg, sieben aus Nordrhein-Westfalen, fünf aus Niedersachsen, drei aus Brandenburg und jeweils einer aus Hessen, Bayern und Rheinland-Pfalz.
Auch bei der Auswahl der Hunderassen zeigt sich eine Zentrierung auf drei Rassen. Die Lehrer und Lehrerinnen setzen acht Labradore, sechs Border-Collies und fünf Golden-Retriever ein. Die restlichen Hunderassen wurden nur einmal genannt.
Die Hunde finden Einsatz in den unterschiedlichsten Schulformen, wobei sich allgemein bildende Schulen mit dreizehn Lehrern und Förderschulen mit zwölf Lehrern die Waage halten. An den allgemein bildenden Schulen unterrichten sieben Lehrer mit Schulhund an Grundschulen, drei an Grund- und Hauptschulen, zwei an einer Grund- und Hauptschule mit angeschlossener Werkrealschule und einer an einer Haupt- und Realschule. An den Förderschulen waren vier Lehrer- und Lehrerinnen jeweils im Bereich „Lernen“ und „geistige Behinderung“ tätig, zwei an jeweils einer Förderschule für emotionale Entwicklung und einer übergreifenden Förderschule und einer an einer Förderschule für körperlich-motorische Entwicklung tätig. Eine Lehrkraft ist mit ihrem Hund an einer freien Montessori-Grundschule tätig.
Von den 27 Lehrkräften haben 15 eine Genehmigung vom Schulamt, zwei keine Genehmigung vom Schulamt, drei eine Genehmigung vom Schulleiter, zwei eine Genehmigung von der Stadt beziehungsweise der Gemeinde und fünf besaßen zwar keine Genehmigung, aber das Schulamt hat Kenntnis von dem Schulhund.
20 Lehrkräfte haben ihren Hund neben der Haftpflichtversicherung nicht extra versichert, zwei Lehrer haben ihre Hunde über den Therapiehundeverein versichert und fünf Lehrkräfte haben eine Extra-Versicherung für den Einsatz der Hunde in der Schule.
Betrachtet man den Beginn des Einsatzes der Schulhunde, so zeigt sich, dass dieser sich zunehmend vermehrt. Drei Hunde sind bereits seit 1999 im Einsatz, zwei seit 2000, zwei seit 2001, fünf seit 2002, einer seit 2003, fünf seit 2004, sechs seit 2005 und zehn seit 2006.
Die Ausbildung der Hunde stellt sich sehr ambivalent dar. Zwar haben acht Hunde eine Therapiehundeausbildung, fünf eine Begleithundeausbildung, sieben eine Therapie- und Begleithundeausbildung und ein Hund hat eine Ausbildung als Blindenhund. Jedoch haben auch 13 Hunde keine spezielle Ausbildung, sondern besuchten lediglich die Welpen- und Hundeschule.
Bei der Dauer des Einsatzes zeigt sich, dass die Hunde tendenziell die ganze Woche oder größtenteils mit in der Schule sind. Elf Hunde sind die ganze Woche beziehungsweise um die dreißig Stunden in der Schule, sieben Hunde circa drei bis vier Tage, was ungefähr 20 Stunden in der Woche entspricht, sechs Hunde ein bis zwei Tage, was durchschnittlich zwölf Stunden entspricht. Neun Hunde sind lediglich weniger als sechs Stunden an ein bis zwei Tagen im Einsatz, wobei das vornehmlich Schulen sind, an denen der Hund lediglich an so genannten „Hundestunden“ im Einsatz ist und keine bestimmte Klasse begleitet.
Bei den Klassenstufen, in denen der Schulhund eingesetzt wird, lässt sich keine klare Präferenz erkennen: sechs Hunde werden in allen Klassenstufen von 1-10 eingesetzt, zwölf Hunde in der Grundstufe und jeweils acht in der Mittel- und Oberstufe.
Quantitative Entwicklung der Schulhunde bis Ende 2007
von Lydia Agsten
Bei der Recherche des Einsatzes von Schulhunden in Deutschland in den letzten Jahren ergab sich richtungsweisend folgende Entwicklung:
1999 1 Schulhund
Mischling Sadie (mittlerweile verstorben),
Herr Hund, Köln
2000 + 2 Schulhunde
Labradore Jule (verst.) und Nina,
Bernd Retzlaff, Sulzburg
2001 + 3 Schulhunde
Mischling, Labrador, Golden Retriever
2002 + 8 Schulhunde
2 Mischlinge, 2 Golden Retriever, 1 Labrador,
1 Berner Sennhund (verst.), 1 Riesenschnauzer, 1 Westhighland-Terrier
2003 + 10 Schulhunde
3 Mischlinge, 3 Labradore, 1 Berner Sennhund,
1 Schweizer Sennhund, 1 Border Collie
2004 + 8 Schulhunde
4 Mischlinge, 1 Golden Retriever, 1 Austalian
Shepherd, 1 Border Collie, 1 Fila Brasileiro
2005 + 12 Schulhunde
3 Mischlinge, 3 Labradore, 2 Golden Retriever,
1 Austalian Shepherd, 1 Bearded Collie,
1 Altd. Hütehund, 1 Boxer
2006 + 32 Schulhunde
12 Mischlinge, 9 Labradore, 2 Golden Retriever,
2 Berner Sennhunde, 1 Australian Shepherd,
1 Hovawart, 1 Setter, 1 Landseer, 1 Collie,
1 Border Collie, 1 Sheltie
2007 + 24 Schulhunde
6 Mischlinge, 5 Labradore, 2 Flat Coated Retriever, 2 Collie, 2 Großpudel, 1 Golden Retriever, 1 Airedale Terrier, 1 Klein-Elo,
1 Brandl Bracke, 1 Basset, 1 Dt. Wachtelhund,
1 Tervuere
Die Angabe von Frau Volk auf dem Kongress Mensch und Tier in Berlin 2007, dass sich ein kontinuierlicher Anstieg der Schulhunde zeigt, kann ich also nach meinen Recherchen bestätigen. Der Hauptboom der Schulhunde lag bisher deutlich im Jahr 2006. Von 100 oben aufgeführten Schulhunden kamen 2006 32 Hunde neu an die Schulen. Dabei handelte es sich zum überwiegenden Teil um Mischlinge (12) und Labrador Retriever (9). Die Angaben von Frau Volk zur Auswahl der Hunderassen kann ich somit nicht bestätigen! Eine „Zentrierung auf drei Rassen, nämlich Border-Collies, Labradore und Retriever“ ist definitiv falsch, wie sich auch auf eine genauere Nachfrage von mir zeigte. Frau Volk hatte unter Border-Collies auch englische und amerikanische Collies gefasst, die charaktermäßig völlig unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Der Einsatz eines Border-Collies als Schulhund erfordert viel Hundeerfahrung und wenn der Eindruck entsteht, dass dies die ideale Schulhundrasse ist, so wäre das fatal! Auch die weiteren häufigen Rassen Labradore und Retriever zeigen, dass leider kein Überblick über Hunderassen vorhanden war.
Vermehrt wurden nach meinen Informationen Welpen mit in die Schule genommen. Auf der Homepage www.unser-klassenhund.de berichtet Anne Vielsäcker sehr umfangreich über den Einsatz ihres Labradors Charlie, den sie bereits als Welpen regelmäßig mit in die Schule nahm. Auch die Medien zeigten reges Interesse an diesem Projekt.
Für das Jahr 2007 sind über das Internet noch nicht alle neuen Schulhunde zu finden, wofür es verschiedene Ursachen gibt. Die Schulen verfügen häufig noch immer nicht über eine eigene, regelmäßig erweiterte Homepage und die Medien orientieren sich über das Internet an den bereits vorhandenen Schulhunden, um über sie zu berichten. Viele Hunde werden auch aus verschiedenen Gründen „nur nebenbei“ mit in die Schule genommen. Wir werden sehen, wie sich die Hundegestützte Pädagogik an den Schulen in den nächsten Jahren quantitativ weiterentwickeln, aber alles deutet auf einen stetigen Anstieg hin.
Weitere Forschung zu dem Thema würde wahrscheinlich viele Hunde in den Schulen erfassen, die bisher nicht bekannt sind bzw. nicht bewusst auf dem Hintergrund der Tiergestützten Pädagogik in den Schulen eingesetzt werden.
Qualitative Entwicklung der Schulhunde 2007
nach einer Fragebogenaktion von Lydia Agsten im Sommer 2007
Im Rahmen meiner Abschlussarbeit am Institut für Weiterbildung an der Evangelischen Fachhochschule in Freiburg habe ich mich u.a. auch mit der qualitativen Entwicklung der Hundegestützten Pädagogik in der Schule beschäftigt. Da ich keine genaueren Angaben hatte, habe ich versucht über eine Fragebogenaktion etwas mehr Klarheit in diesem Bereich zu bekommen.
An dieser Stelle möchte ich mich noch einmal recht herzlich bei den 50 KollegInnen bedanken, die mir durch die Beantwortung der Fragen geholfen haben, genauere Angaben machen zu können!!
Bei der Auswertung ergaben sich folgende Ergebnisse:
Die Berufserfahrung der HundeführerInnen lag zu 46% bei 0 bis 10 Jahren. Eine weitere Splittung ergab dabei, dass 6 von 50 LehrerInnen nur eine Berufserfahrung von 0-2 Jahren hatten, 7 eine Berufserfahrung von 3-5 Jahren und 10 eine Berufserfahrung von 6-10 Jahren. KollegInnen mit einer Berufserfahrung von 6-10 Jahren haben zurzeit mit 20% also den Hauptanteil am Einsatz von Schulhunden!10 weitere KollegInnen hatten eine Berufserfahrung von 11-20 Jahren und 12 von 21-30 Jahren. 5 LehrerInnen hatten eine Berufserfahrung von über 30 Jahren.
Bei der Hundeerfahrung war die Verlagerung zu weniger Erfahrung sogar noch deutlicher! 60% der HundebesitzerInnen besaßen eine Erfahrung von 0-10 Jahren. Von 50 Personen besaßen 11 nur Hundeerfahrung von 0-2 Jahren, 13 von 3-5 Jahren und 6 von 6-10 Jahren. Also besitzen 48% der Schulhundebesitzer sogar nur eine Hundeerfahrung von 0-5 Jahren!
Die Befragung zum Thema Hundebesitz unterstrich das oben aufgeführte Ergebnis noch einmal. Von 50 LehrerInnen haben 21 (42%) ihren ersten Hund und 14 (28%) ihren zweiten Hund, das entspricht 70%.
Die Anschaffung des Hundes erfolgte bis auf eine Ausnahme (Schulhund Coffee) immer privat und somit auch aus privaten Gründen. Aber 40% der KollegInnen haben den Hund schon speziell für die Schule angeschafft und ausgesucht. 30% der LehrerInnen haben ihren Hund aus privaten Gründen und für die Schule angeschafft und 10% gaben an ihn speziell für die Schule angeschafft zu haben.
Der zeitliche Einsatz der Hunde in der Woche ist sehr unterschiedlich und umfasst eine Spanne von 2 bis über 30 Stunden. Dabei liegt der Schwerpunkt mit 48 % im Zeitraum von 0-10 Stunden. 30 % der Hunde werden in einem Rahmen von 11-20 Stunden eingesetzt und 22% von 21-30 Stunden.
Mit dem Punkt „Anwesenheit des Hundes in der Turnhalle“ sollte eigentlich der Punkt „Anwesenheit des Hundes in der Küche“ etwas verschleiert werden. Aus verschiedenen Gründen (z.B. weil ihre BesitzerIn nicht dort ist) gehen die Schulhunde überwiegend nie mit in die Turnhalle.
Die Anwesenheit eines Hundes in der Küche, in der Speisen zum Verzehr zubereitet werden, ist aus hygienischen Gesichtspunkten und um Krankheitsübertragungen zu verhindern, verboten. Trotzdem gehen 4 Hunde sogar regelmäßig mit in die Küche. 90% der Hunde kommen allerdings nie mit in die Küche. Ob bewusst oder weil die BesitzerIn dort nicht arbeitet, kann nicht festgestellt werden.
Bei der Befragung nach einer Grundausbildung der Hunde stellte sich heraus, dass 42% der Hunde keine offizielle Grundausbildung absolviert haben. Die übrigen Ausbildungen können auch nur begrenzt etwas über das Wesen und die Fähigkeiten der Hunde aussagen, aber Hundefachleute haben doch eine Bestätigung abgegeben, dass der Hund gewisse Grundfähigkeiten besitzt.
54% der SchulhundbesitzerInnen haben nach den unten aufgeführten Daten eine Teamausbildung mit ihrem Hund absolviert. Da es aber noch keine einheitlichen Ausbildungsstandards in diesem Bereich gibt, ist die Ausbildung erfahrungsgemäß noch sehr unterschiedlich in Bezug auf den zeitlichen und inhaltlichen Rahmen. Allgemein sind die Ausbildungen bisher auch noch nicht auf den speziellen Einsatz in der Schule zugeschnitten, sondern gehen häufig von der Einzelarbeit in Therapien aus! Nur Canisland bietet meines Wissens seit neustem ein Baukastenprinzip an, bei dem auch verschiedene Schulformen Berücksichtigung finden. Der 12%ige Anteil von MITTT ist darauf zurückzuführen, dass sie schon einige Jahre eine Teamausbildung anbieten. Erschreckend ist, dass viele Hunde in der Schule eingesetzt werden, die weder eine nachgewiesene Grundausbildung haben noch eine Team-Ausbildung!
Bei der genaueren Analyse zeigt sich, dass 56 Prozent der LehrerInnen sowohl eine Grundausbildung mit ihrem Hund gemacht haben als auch eine Teamausbildung im Bereich der Tiergestützten Interaktion. 16 Prozent der eingesetzten Schulhunde haben allerdings nur eine normale Grundausbildung absolviert und bei 28 Prozent der Schulhundteams liegt keinerlei Ausbildung vor.
Theoretische Weiterbildungen im Bereich der Tiergestützten Pädagogik werden erst sehr begrenzt angeboten und stellen eine hohe zeitliche und finanzielle Belastung dar. Den größten Zuspruch hat bisher nach meiner Befragung das Institut für soziales Lernen mit Tieren in der Wedemark, da es schon seit 2001 Weiterbildungen anbietet. 90 % der SchulhundebesitzerInnen haben aber keinerlei Weiterbildung in diesem Bereich.
Die unten aufgeführten Daten zeigen, dass ein großer Teil der Hunde (82%) nur im Team mit seinem Besitzer arbeitet, was den Stresspegel massiv verringert. Einige Kolleginnen überlassen den Hund manchmal anderen LehrerInnen, aber in der Regel geschieht dies aus organisatorischen Gründen. Nur eine Kollegin meiner Befragung verleiht ihren Hund regelmäßig an andere Lehrer.
Die Befragung ergab, dass ein Großteil der Schulhunde überwiegend in einer Klasse eingesetzt sind (70%). Das hängt auch mit den Schulstrukturen zusammen, aber in Grund- und Förderschulen, in denen Schulhunde am häufigsten eingesetzt sind, wird allgemein nach dem Klassenlehrerprinzip unterrichtet. Ein Wechsel in verschiedene Klassen geschieht seltener, wird aber in der Regel bei Rektoren, die Hunde in der Schule einsetzen, nötig. Neben dem Einsatz im Klassenverband werden die meisten Hunde, wenn die Möglichkeit besteht, auch in Kleingruppen oder im Einzelunterricht eingesetzt.